Wagen eines Schmierenhändlers mit Ausrüstung
Sign.: MNS KW , EI/
Material: Holz, Leinen
Maße: Länge
Datierung: Zwischenkriegszeit
Ursprungsort: Łosie bei Gorlice (Landkreis Neu Sandez (powiat nowosądecki), Woiwodschaft Małopolska (województwo małopolskie))
Die Familie Jewusiak, die letzten Besitzer der Hütte aus Łosie, handelte wie die meisten Bewohner des Lemken-Dorfes mit Teer und Schmiere. Die Schmiere oder der Holzteer entstanden durch trockene Destillation, d. h. durch „Schmelzen“ von Kiefernstämmen in einem Erdhügel. Diese archaische, primitive Methode war hierzulande seit dem frühen Mittelalter bekannt. Der dickflüssige Schlamm wurde zum Schmieren der Achsen von Holzkarren und zum Imprägnieren von Holz verwendet. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg waren es die Einwohner von Łosie, die sich auf die Produktion und den Handel in diesem Bereich spezialisiert hatten. Die Rentabilität des Geschäfts mit Schmierstoffen wurde jedoch durch den Handel mit Erdölprodukten bestimmt. Die Einwohner gewannen ihr Öl aus den Gräben in der Umgebung, die sich vor allem auf der sog. Perekopy-Wiese, die an der Straße zum nahegelegenen Bielanka liegt, sowie im Równie-Wald befanden. Im Verlaufe der Zeit wurde die Produktpalette um Erzeugnisse aus den seit Ende der 1880er Jahre in der Region entstehenden Raffinerien erweitert. Darunter befanden sich die Raffinerien in Glinik Mariampolski, Gorlice und Ropa. In den 1930er Jahren fuhren mehr als 300 Schmierenwagen von Łosie aus. In dem Dorf mit etwa 280 Einwohnern waren fast 230 Personen im Wandergewerbe tätig. Die Routen der hiesigen Händler führten in die heutige Slowakei und nach Ungarn. Sie erreichten aber auch die Ukraine und sogar Litauen und Lettland. Auch nach 1947 gingen sie ihrem Gewerbe nach, u. a. in Schlesien (Śląsk), wo der Name szmyrkosz noch immer verwendet wurde. Der Handel mit Fetten und Schmiermitteln trug zu einem Anstieg des Lebensstandards im Dorf bei, der sich sowohl im Bau neuer Häuser als auch in deren Ausstattung niederschlug. Die Handelskontakte beeinflussten auch die Auswahl bei der Einrichtung der Häuser. So erinnert beispielsweise ein per Hand koloriertes Intaglio aus dem 18. Jahrhundert in der Küche eines Hauses an die Reisen der Händler. Früher brachen die Teerbrenner im Frühjahr auf und kehrten im Herbst zurück. Im Alter von etwa 12 Jahren erlernten sie ihr Handwerk, indem sie als Gehilfen mit ihren Vätern oder älteren Brüdern auf Reisen gingen und dabei lernten, „mit Menschen umzugehen“. Einige gingen bei ausländischen, erfahrenen Schmieden in die Lehre. Die Ausbildung dauerte in der Regel 3–4 Jahre. Wenn der Junge es sich nach dieser Zeit leisten konnte, einen eigenen Wagen zu kaufen, begann er selbständig zu handeln. Die Ärmeren wurden zu ständigen Helfern oder zu Kutschern. Reisen in fernere Gebiete erfolgten in speziellen Handelskarren, die maziarskie (oder auch seker aus dem Ungarischen) genannt wurden und in der Regel mit einem Paar starker Pferde bespannt waren. Die entsprechend massiven und robusten Karren waren für lange Strecken und schwere Lasten geeignet. Sie waren mit 8 bis 12 Fässern beladen. Öle und Schmiermittel wurden in 100- oder sogar 200-Liter-Eichenfässern transportiert, während für den Schlamm Tannenfässer verwendet wurden. Die Waren aus den Öldepots wurden in speziellen Metallfässern (sog. maziarskie) mit einem Fassungsvermögen von 100 oder 50 Litern gelagert. Zur notwendigen Ausrüstung des Wagens gehörten Metallmaße, die sog. Liter, Halbliter und Viertelliter, Trichter zum Ausgießen der Flüssigkeiten und hölzerne Gießkannen für den Schlamm. Der Wagen war mit einer über Haselstangen gespannten Plane abgedeckt, die ihn vor Sonne und Regen schützte. Bei Bedarf war es möglich, auf dem Wagen auch zu schlafen. An der Vorder- und Rückseite des Wagens befanden sich Kellen in durchbrochener Bauweise. Der gefederte vordere Teil diente als Sitz. Der hintere, größere Teil wiederum wurde zum Verladen von Futter für die Pferde genutzt. Es gab auch Platz für Handgepäck des Händlers und seines Assistenten. In einer hölzernen Truhe packten die Männer persönliche Dinge wie einen Rasierpinsel, ein Leinentuch, ein Hemd zum Wechseln, ein Nähzeug, einen Löffel oder ein Messer sowie einen Hammer und Hufstampfer, einen Kamm und Bürsten zum Putzen der Tiere. Für die mehrmonatige Reise wurden ein Primus für Spirituosen und einfache Utensilien für die Zubereitung und den Verzehr von Mahlzeiten benötigt.
Rahmen zum Transportieren von Holzteer
Sign.: Ausstellungsmaterial
Material: Holz, Leder
Neben den Schmierenhändlern gab es unter den Bewohnern von Łosie sowie dem benachbarten Bielanka auch Hausierer, die zu Fuß durch die Dörfer dieses Teils von Galizien zogen. Es handelte sich um kleine Händler, meist aus ärmeren oder weniger wohlhabenden Familien, die sich keine teuren Wagen und Pferde leisten konnten. Junge Leute, darunter auch all jene aus wohlhabenden Familien, begannen ihre Schmierenhändlerkarriere oft als Hausierer, um die Geheimnisse des Gewerbes zu erlernen und genügend Geld zu verdienen, um ihre persönlichen Ausgaben zu decken. Diese Händler wurden diehtarzy genannt, weil sie zusätzlich zum Teer auch Birkenpech verkauften (vom Polnischen dziegieć). Vor allem die Einwohner von Bielanka spezialisierten sich auf seine Herstellung. Das Verfahren bei der Produktion von Birkenpech war identisch mit dem Verfahren bei der Schmiere, allerdings wurde das Birkenpech kürzer destilliert. Neben Birken wurde aber auch Kiefernholzteer als Destillat extrahiert. Die dicke braune Flüssigkeit mit intensivem Geruch war eine Mischung aus Holzteer und Terpentin. Es war ein bekanntes Mittel gegen Hautkrankheiten, welches sowohl bei Menschen als auch Tieren angewandt wurde. Schuhmacher und Sattler verwendeten Teer, um Leder zu imprägnieren. Pillen mit einer Mischung aus Kräutern und Teer wurden als Medizin verkauft. Viele der umherziehenden Teerschmiede beschäftigten sich nebenbei auch mit der Behandlung von Menschen und Tieren. Einige galten sogar als magisch begabt und wurden im Volksmund als baczowie, eine Art Hexer, bezeichnet. Geschickte Händler konnten die Dorfbewohner davon überzeugen, dass Teer ein hervorragendes magisches Mittel ist, das alle bösen Kräfte abwehrt. Während der Rast in den Dorfgasthöfen unterhielten die Teerhändler die Menschen mit Zaubertricks und waren auch in der Wahrsagerei tätig. Sie transportierten ihre Waren auf dem Rücken, in einem hölzernen Gestell mit Leder- oder Sackleinenhalterungen, an denen Gefäße mit Flüssigkeiten befestigt waren. Der Schlamm und das Pech wurden in hölzerne Dauben, Fässer und Metallkannen gegossen. Zum Abmessen der Flüssigkeit wurden an einem Gestell hängende Blechmaße verwendet. Auch aus Kuhhörnern gefertigte Messbecher wurden verwendet. Zusätzlich zu den Waren im Webstuhl trug der Händler weitere Dosen in seinen Händen. Er konnte etwa 30 Liter Flüssigkeit auf einmal transportieren. Einige Verkäufer verbesserten ihre Effizienz, indem sie die sog. kolaska benutzten – einen zweirädrigen Handkarren, der von einer oder zwei Personen gezogen wurde. Damit war es möglich, bis zu 100 Liter Waren auf der Straße zu transportieren. Die Reisen zu Fuß dauerten nicht länger als 3–4 Wochen.
Öldruck „Prozession zum Kalvarienberg (Kalwaria)”
Sign.: MNS KW 14019, EI/2356
Material: Papier, Farbdruck
Maße im Rahmen: 56,4 x 43,8 cm, Gemälde: 49,5 x 36,7 cm
Datierung: Anfang des 20. Jhd.
Ursprungsort: Neu Sandez (Nowy Sącz)
In der Lemken-Abteilung im Freilichtmuseum in Neu Sandez kann man ein bürgerliches Haus aus Łosie bei Gorlice besichtigen, das als Wohnhaus der dortigen Schmierenhändler eingerichtet wurde. Dieses Dorf im Tal des Flusses Ropa war berühmt für die Herstellung verschiedener Arten von Fetten und Schmieren, die zunächst durch die trockene Destillation von Holz und später aus Öl aus Lagerstätten in der Nähe von Gorlice gewonnen wurden. Die Einwohner von Łosie reisten als Händler in Polen und den umliegenden Ländern in charakteristischen Karren herum, die sich kaum von einstigen Handelskarren unterschieden. Aufgrund ihres Reichtums und ihrer Vertrautheit mit der Welt waren sie eine Art Elite in der Gesellschaft der Lemken und brachten zahlreiche Souvenirs von ihren Reisen mit, die in Dörfern dieser armen Region einen seltenen Anblick darstellten. Eines dieser interessanten Objekte in der Hütte ist ein Öldruck, der an der Wand in der Nische zu sehen ist. Das Gemälde zeigt eine Prozession, die den Platz vor der Basilika Unserer Lieben Frau von den Engeln in Kalwaria Zebrzydowska verlässt. Die Spitze der Prozession ist im Vordergrund zu sehen, allen voran Männer in Volkstrachten (braunes Gewand, rotes Hemd und Weste, der serdak, blaue Hose und sog. Karbiaki-Schuhe), die das Prozessionskreuz und Fahnen mit Marienbildern tragen. Ihnen folgt eine Gruppe von Priestern in Abendmahlsgewändern mit Spitzen und Stolen. Einer von ihnen trägt ein goldenes Gewand um den Hals. Die Priester tragen darüber hinaus einen Kelch, ein Buch und ein Weihrauchfass. Ihnen folgen Frauen in Volkstrachten und Mädchen in weißen Kleidern mit blauen Schärpen. Dahinter folgt hingegen die Figur der Jungfrau Maria, die unter einem Baldachin liegt. Die auf dem Öldruck dargestellte Prozessionsszene findet während der Messe der Entschlafung der Gottesmutter statt, die als „Begräbnis“ bekannt ist und alljährlich in der Wallfahrtskirche in Kalwaria Zebrzydowska im Rahmen des Ablassfestes zu Mariä Himmelfahrt abgehalten wird, das auf den 15. August fällt und in der Volkstradition als „Fest Unserer Lieben Frauen Wurzelweihe“ bekannt ist. Das wundertätige Bild der Mutter Gottes wurde 1641 nach Kalwaria gebracht. Bereits im 18. Jahrhundert kamen zum Ablassfest an Mariä Himmelfahrt mehr Pilger als zum Ablassfest zu Ostern. In der Zeit der Autonomie Galiziens erfuhr der Wallfahrtsort eine besondere Entwicklung. Da sich eine Reise nach Tschenstochau (Częstochowa) während der russischen Teilung für Pilger als überaus schwierig erwies, wurde Kalwaria Zebrzydowska zum wichtigsten Marienheiligtum nicht nur für die Bewohner Galiziens, sondern auch für die restlichen polnischen Gebiete. Zum Ablassfest Mariä Himmelfahrt kamen Pilger aus allen Teilen Polens, sogar aus Pommern (Pomorze) oder Arwa (Orawa) und Mähren. Bei der Betrachtung des Öldrucks in der Nische des Hauses aus Łosie fällt ein interessantes Detail auf: Am unteren Rand des Bildes befindet sich eine kyrillische Inschrift: „ПогронъПресвятоіДівиМaрііКальварийскоі“ (Begräbnis der heiligsten Jungfrau Maria auf dem Kalvarienberg). Auf den ersten Blick scheint es sich um eine recht merkwürdige Gegenüberstellung zu handeln: das streng mit dem römisch-katholischen Ritus verbundene Heiligtum im westlichen Małopolska, weit entfernt von den von den orthodoxen Christen bewohnten Gebieten, und das mit diesem Heiligtum verbundene Gemälde, das im Haus ruthenischer Bewohner gefunden wurde und in deren Muttersprache unterzeichnet ist. Dies ist jedoch nur ein scheinbarer Widerspruch. Römisch-katholische Heiligtümer wurden nämlich auch von Pilgern des östlichen Ritus (griechisch-katholisch) besucht. Für sie war demnach ein Teil der dort zum Verkauf ausgestellten Bilder bestimmt, die in ihrer Muttersprache signiert waren. Die Vorfahren der Lemken, die sich in den Westbeskiden (Beskidy Zachodnie) niederließen, waren orthodoxe Christen, wenngleich die lemkischen Gebiete auf der Nordseite der Karpaten (Karpaty), die zur Ersten Polnischen Republik gehörten, 1596 in die Union von Brest einbezogen wurden, was dem Beginn des unierten oder griechisch-katholischen Ritus innerhalb der polnischen Grenzen gleichzusetzen ist. Die neugegründete griechisch-katholische Kirche war dem Papst unterstellt. Sie übernahm die grundlegenden Dogmen der römisch-katholischen Kirche, behielt jedoch die östliche Liturgie, Tradition und eine eigene Hierarchie bei. In den folgenden Jahrhunderten wurde der lateinische Einfluss immer deutlicher, bspw. in der griechisch-katholischen Architektur und Kunst, in der immer mehr Elemente und Motive auftauchten, die für die in Westeuropa entwickelte Tradition charakteristisch, dem ostchristlichen Kanon jedoch fremd waren.
Abschließend sei noch erwähnt, wie das am 15. August gefeierte Marienfest und die damit verbundenen Glaubenslehren und Ikonografien in der östlichen und westlichen Tradition aussehen. Das Ende des irdischen Lebens Marias wurde im Osten bereits im fünften Jahrhundert mit dem Fest der Entschlafung der Gottesmutter begangen, das später in der ganzen Kirche übernommen wurde. Es handelt sich also um eines der ältesten Marienfeste und in der Tradition der Ostkirche um eines der zwölf großen Feste. In der polnischen Volkstradition wird das Fest vom 15. August „Fest Unserer Lieben Frauen Wurzelweihe“ genannt. In den Kirchen werden Kräuter-, Blumen- und Heilpflanzensträuße gesegnet, da die Mutter Gottes gemeinhin als Patronin und Beschützerin der Erde und der Vegetation gilt. Im Laufe der Zeit traten zwischen Ost und West Unterschiede im Verständnis der Natur des Festes und der damit verbundenen theologischen Fragen auf. In der westlichen Tradition glaubte man, dass die Mutter Gottes am Ende ihres irdischen Lebens mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen wurde, woraufhin das Fest in der römisch-katholischen Kirche als Mariä Himmelfahrt bekannt wurde. Dies wurde schließlich 1950 von Papst Pius XII. als Dogma bestätigt, obwohl die Frage des Todes Mariens selbst nicht dogmatisch geklärt war und nicht endgültig feststand, ob Maria starb und nach ihrer Auferweckung in den Himmel aufgenommen wurde oder ob sie dorthin gebracht wurde, ohne jemals zu sterben. In der Tradition der Ostkirchen werden jedoch drei Tatsachen anerkannt: der Tod der Mutter Gottes, der als Entschlafung bekannt ist, ihre Auferstehung und ihre Himmelfahrt. Die Ikone der Entschlafung der Gottesmutter entwickelte sich in der byzantinischen Tradition bereits im 9. Jahrhundert. Sie zeigt Maria auf einem Bett liegend und Christus, begleitet von Engeln, der die Seele der Mutter Gottes, symbolisch als Kind dargestellt, hält. Diese Hauptfiguren werden zudem von den Aposteln umgeben. Die abendländische Kunst übernahm dieses Schema im Laufe der Zeit, führte Änderungen ein und kombinierte es mit der Szene der Himmelfahrt und später auch mit der Krönung. Die in der polnischen Tradition wohl bekannteste Darstellung der Entschlafung der Heiligen Jungfrau Maria befindet sich auf dem gotischen Altar von Veit Stoß in der Marienkirche in Krakau (Kraków).