Die Tradition der Weberei in Andrychów reicht in das ausgehende 16. Jahrhundert zurück, in Quellen aus dem Jahr 1673 finden sich darüber regelmäßige Aufzeichnungen. Im 18. Jahrhundert ergriff die Familie Szwarcenberg-Czerny, Eigentümer des Gutes, die in den Webern von Andrychów ein wirtschaftliches Potenzial erkannte, eine Reihe von Maßnahmen, die die Entstehung eines Leinenzentrums in der Region ermöglichten: Ins Land geholt wurden Fachleute aus Schlesien (Śląsk), Sachsen und Belgien, der Kauf als Form der Landnutzung wurde eingeführt, um damit die Landflucht der Bauern einzuschränken; außerdem erhielt sie das Recht, Märkte zu veranstalten. Dies trug zu einer Veränderung der Produktionsorganisation bei: Die Bauern bauten keinen Flachs mehr an, sondern kauften den fertigen Rohstoff auf Märkten und beschäftigten sich mit dem Weben von Leinen. Ende des 18. Jahrhunderts gab es in der Region Andrychów etwa 600 Werkstätten, die jährlich 20 Tausend Leinenstücke je 60 Ellen (59,6 cm) herstellten. Dieses Leinen wurde dann in vielen Zentren in Europa verkauft: Krakau, Warschau, Lemberg, Jarosław, Lublin, und außerhalb der Republik Polen in Moskau, Istanbul, Smyrna, Amsterdam, Hamburg, Lübeck, Marseille oder Barcelona. Mit dem Verkauf befassten sich Stoffhändler, die „Drelicharze“ genannt wurden und die, obwohl sie Analphabeten waren, ihr eigenes Buchhaltungssystem entwickelten.
Handwerksraum Regionalstube Andrychów
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