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Osterpalmen aus Małopolska

Osterpalmen aus Małopolska

Osterpalmen.
Nicht viele wissen, dass der Palmsonntag nach einigen Quellen auch Blumen- oder Weidensonntag genannt wird. Dieser Feiertag erinnert an den triumphalen Einzug Christi in Jerusalem, bei dem, dem Evangelium nach, die Stadtbewohner Christus fröhlich mit in den Händen gehaltenen grünen Palmenwedeln begrüßt haben. Zum Gedenken an dieses Ereignis werden am Palmsonntag sehr feierliche Prozessionen rund um die Kirchen abgehalten. Es lohnt sich, die Bräuche aus Małopolska in Bezug auf die Osterpalmen kennenzulernen und zu versuchen, selbst eine zu basteln.

Es ist dabei anfangs wichtig zu unterstreichen, dass einer traditionellen Osterpalme einst ein besonders großer Wert zugeschrieben wurde. Die Palme hat Gesundheit, Fruchtbarkeit, Vitalität versinnbildlicht und zur Abwehr gegen böse Mächte und Blitze gedient. In allen Regionen von Małopolska ist die traditionelle Osterpalme eine Komposition aus Pflanzen und die Auswahl von Pflanzen und vom Schmuck ist für die einzelnen regionalen Volkskulturen sehr typisch. Die Osterpalmen werden aus Weidenruten (u.a. in Podhale oder, wie in der Region um Zawoja, aus Eibe, Wacholder und manchmal aus Kirsch- oder Haselzweigen (z.B. bei dem Kliszczaki-Volk) gefertigt. Diese werden u.a. mit Immergrün, Myrte, Buchsbaum, Bändern und Blumen aus Krepppapier geschmückt.

Vilnius-Palme

Die in Małopolska wahrscheinlich am weitesten verbreitete Osterpalme stammt ursprünglich aus der Region um Vilnius. Diese werden aus getrockneten naturfarbenen oder gefärbten Gräsern, Blumen und Kräutern gefertigt. Ganz charakteristisch für diese Palme ist ihre Spitze, die aus unterschiedlich gefärbten Gräsern besteht. Eine seit vielen Jahren aufgebaute Sammlung besonders schöner Osterpalmen kann man im ethnographischen Seweryn-Udziela-Museum in Kraków besichtigen. Die höchste Palme der Sammlung misst sogar 4,5 Meter Höhe!

Lipnica-Palme

Eine weitere sehr beliebte Osterpalme ist die Lipnica-Palme. Sie wird aus sorgfältig zusammengelegten Weidenruten gefertigt, die je nach Höhe der Palme etwa alle 20 bis 30 cm mit Weidenzweigen gebunden werden. An die Spitze wird ein Bündel Teichgras gesteckt. Die Palme wird mit Blumen und Bändern aus Krepppapier, Buchsbaum und Weidenkätzchen geschmückt. Im Ort Lipnica Murowana findet der berühmteste Palmen- und Kunsthandwerkswettbewerb statt. Der Józef-Piotrowski-Wettbewerb weist eine lange Tradition auf, die bis ins Jahr 1958 zurückreicht.

Große, weiß ummauerte Kirche mit Kirchturm. Eine Prozession mit hohen Palmen.

Palmen aus Rabka-Zdrój oder Rabka-Palmen

Sehr interessant sind auch Osterpalmen, die in der Region um Rabka-Zdrój gefertigt werden. Diese Palmen sind lang, elastisch, aus Weidenruten zusammengelegt und sowohl mit Grünpflanzen (wie Zweige von Lärche und Kiefer), als auch mit Schmuck aus Krepppapier (wie bunte Blumen und Bänder) und vor allem aus Papier (wie Schleifen) geschmückt. Die bunten Schleifen aus Papier sind ein besonderes Alleinstellungsmerkmal der Rabka-Osterpalmen. In Rabka-Zdrój hat 1958 der erste Osterpalmenwettbewerb stattgefunden, der bis heute jedes Jahr regelmäßig veranstaltet wird. Interessanterweise hat der Wettbewerb in Lipnica Murowana am selben Tag und im selben Jahr stattgefunden, allerdings eine halbe Stunde später, so dass er insgesamt nicht als der älteste gilt. In der Region um Rabka, insbesondere in der Gegend von Mszana Dolna waren die magischen und heilenden Kräfte der Osterpalmen gut bekannt. Man hat geglaubt, dass sie vor Blitzeinschlag schützen würden. Aus diesem Grund hat man ihre Zweige hinter die Bilder mit den Schutzheiligen gesteckt.

Palmen in der Lemken-Kultur

Der Palmsonntag ist auch in der Kirche des orthodoxen und griechisch-katholischen Ritus ein wichtiges Fest. Die Palmen, die von den Lemken in ihre orthodoxen Kirchen getragen wurden, sind bescheidener als die, die in römisch-katholischer Kirche geweiht werden, aber mit ihnen sind viele interessanten Bräuche verbunden:

  • Das Verbrennen der Palme im Herd hat den Haushalt vor Donner und Gewitter geschützt; 
  • Die geweihten Weidenkätzchen sind auf den ersten Gründungsbalken eines neu gebauten Hauses gelegt, um Glück zu bringen;
  • Man hat geglaubt, dass die Weidenkätzchen Kranke heilen können;
  • Einige im Herd bei einem Gewitter verbrannte Palmenzweige sollten den Teufel aus dem Schornstein wegjagen, weil man geglaubt hatte, dass der Teufel die Blitze anzieht; 
  • Auch heutzutage wird eine geweihte Palme hinter ein religiöses Bild gesteckt, einst hat man sie am Eingang zum Stall genagelt, um die Tiere zu schützen.

Sie werden aus Weidenzweigen gefertigt und mit bunten Bändern und Grünpflanzen, vor allem mit Buchsbaum, geschmückt.

Palmen bei Podhale-Goralen und Kliszczaki

In der Region Podhale soll die Osterpalme der Tradition nach aus Weidenruten gefertigt werden, die mit Weidenkätzchen geschmückt und mit Lein zusammen gebunden waren. Aktuell variieren ihre Formen und die Palmen werden aus Nadelbaumzweigen, Blumen aus Krepppapier und Bändern zusammen gestellt. Einst hat man die Kätzchen aus einer geweihten Palme zusammen mit einem Stück Brot oder Kuchen unter die erste Scholle beim Feldpflügen gelegt oder in das erste Getreide hineingeworfen, um für die gute Ernte zu sorgen. Weidenkätzchen werden auch an vielen Stellen im Garten und im Feld verteilt. Man hat auch daran geglaubt, dass eine mit einem Leinschnür umgewickelte Osterpalme als eine magische Hirtenpeitsche für die Schafe dienen kann. Die Peitsche soll die Schafe davor bewahren, krank zu werden und sich auf ihrem Weg zu verirren.

Ein weiteres interessantes Beispiel ist die Tradition der Osterpalmen bei dem Kliszczaki-Volk. Ihre Osterpalmen bestehen aus Haselzweigen, die mit Weidengeflecht oder immer häufiger mit einem Schnur zusammengebunden werden. Die traditionelle Kliszczaki-Palme soll 2 bis 3 Meter hoch und ihre Spitze muss möglichst schmuckvoll sein. Kleine, aus den Palmen gefertigten Kreuze hat man über der Stalltür aufgehängt. Diese sollen das Vieh vor den bösen Folgen der Hexerei schützen.

Einst hat man den Osterpalmen in ganz Małopolska außergewöhnliche Kräfte zugeschrieben. Die Menschen in verschiedenen Regionen von Małopolska haben und pflegen bis heute unterschiedliche Bräuche und Traditionen, z.B. man hat die aus Osterpalmen gemachten Kreuze über Stalltüren, Getreidespeicher und Scheunentoren gehängt, um sie vor Blitzeinschlag, Feuer und anderem Unglück zu schützen. Die Bauern haben ihre Tiere mit den Palmen gefegt, so dass sie gut wachsen können. Sie haben die Palmenzweige oder Kreuze aus Osterpalmen in den Ackerboden gesteckt. Kleine Stücke von den Palmen konnte man auch Kräutermischungen beimengen, mit denen man die kranken Menschen und Tieren beräuchert hat. Die Weidenkätzchen aus geweihten Palmen hat man sofort nach der Rückkehr aus der Kirche geschluckt, um sich vor Halsschmerzen zu schützen. Obwohl heute viele von diesen Bräuchen fast in Vergessenheit geraten sind, werden die Osterpalmen in Małopolska immer noch traditionell und regional gefertigt.

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